Im 19. Jahrhundert wurde eine theologische Strömung sehr einfußreich, die von 3 Voraussetzungen ausging:
- Es gibt kein übernatürliches Eingreifen Gottes in der Geschichte.
- Man sieht überall Widersprüche am Werk.
- Man sieht überall eine Entwicklung am Werk.
Dies führte dazu, daß man alle Berichte über ein übernatürliches Eingreifen Gottes für bloße Erfindungen hielt, die entweder einfach wegzustreichen sind, oder als Stilmittel verwendet wurden, um die Bedeutung der dargestellten Person zu illustrieren. So versuchte man, „das Leben Jesu“ dadurch zu erfassen, indem man versuchte, die Berichte in den Evangelien von ihren „legendären Übermalungen“ zu befreien. Außerdem meinte man so viele Widersprüche in den Berichten über Jesus gefunden zu haben, daß es so, wie es dort berichtet wurde, nicht gewesen sein könne.
Geschichtswissenschaft heute habe ich so erlebt, daß man wesentlich behutsamer mit den Quellen umgeht als früher und sie, wenn es irgendmöglich ist, respektiert. Wenn man Widersprüche in ansonsten zuverlässigen Quellen findet, wird man zunächst einmal fragen, ob die Widersprüche nur scheinbar sind. Wenn zB. in Mt. 28,1 von 2 Frauen berichtet wird, die am Ostermorgen zum Grab Jesu gehen, wöhrend in Lk. 24, 10 von 3 Frauen die Rede ist und von anderen Frauen, die mit ihnen waren, läßt sich dies ohne Schwierigkeiten so erklären, daß in Mt. nur von 2 Frauen berichtet wird, daß aber keine vollständige Liste der Frauen gegeben wird, die mit dabei waren. Andererseits weiß man auch, daß vor Gericht verschiedene Zeugen Unterschiedliches aussagen können. Fehler in der Erinnerung kommen vor und entwerten ein ansonsten sehr zuverlässiges Zeugnis nicht.
Wer die Berichte der Evangelien unvoreingenommen auf sich wirken läßt, wird von ihrer Wahrhaftigkeit und Stimmigkeit überzeugt.
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